BPatG 28 W (pat) 118/07 – Lackdoktor

Gerichtsurteil Lackdoktor

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 118/07
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 300 48 885
(Löschungsantrag)

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 17. Dezember 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Stoppel sowie der Richterin Werner und des Richters Schell
beschlossen:
Nachdem der Markeninhaber und Beschwerdeführer auf seine
Marke 300 48 885 „Lackdoktor“ verzichtet hat, wird festgestellt,
dass sich das Löschungsverfahren insoweit in der Hauptsache
erledigt hat, als der Antragsteller mit seinem Löschungsantrag die
Löschung der angegriffenen Marke für die Zukunft begehrt hatte.
Nachdem der Markeninhaber und Beschwerdeführer zu Protokoll
des erkennenden Senats erklärt hat, den Antragsteller und Beschwerdegegner
von allen Ansprüchen aus der angegriffenen
Marke aus der Zeit vor dem Verzicht freizustellen und sich
außerdem dazu bereit erklärt hat, dem Antragsteller die von
diesem an den Markeninhaber gezahlten Abmahnkosten einschließlich
der gesetzlichen Zinsen zurückzuzahlen, wird auf die
Beschwerde des Markeninhabers der Beschluss der Markenabteilung
3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
14. Dezember 2006 insoweit aufgehoben, als darin auch die
Löschung der angegriffenen Marke für die Vergangenheit angeordnet
worden war.
Der Antrag des Antragstellers und Beschwerdegegners auf die
Feststellung, dass die angegriffene Marke schon vor dem Zeitpunkt
ihrer Löschung für die Zukunft wegen Verzichts, nämlich
schon seit dem Zeitpunkt ihrer Eintragung schutzunfähig und
deswegen von Anfang an löschungsreif gewesen sei, wird
mangels eines konkreten Rechtsschutzinteresses des Antragstellers
an dieser Feststellung als unzulässig zurückgewiesen.
Gr ü n d e
I.
Für den Antragsgegner ist am 8. Dezember 2000 die Wortmarke
Lackdoktor
in das Register eingetragen worden für folgende Waren und Dienstleistungen der
Klassen 2 und 37:
„Farben, Lacke, Sprühlacke, Grundlacke, Lackzusätze, Farbzusätze,
Rostschutzmittel; Lackiersysteme, insbesondere mit Sprühlacken,
Grundlacken und Lackzusätzen; alle vorgenannten Waren
insbesondere für Kraftfahrzeuge; Reparatur und Instandhaltung
von Kraftfahrzeugen, insbesondere Beseitigung von Gebrauchsspuren;
Lackierarbeiten, insbesondere bei Kraftfahrzeugen; Reparatur
von Kraftfahrzeugen; mobile und stationäre Schnellreparatur
von Lackschäden an Kraftfahrzeugen, insbesondere Kratzerentfernung
an Blech- und Kunststoffanbauteilen von Kraftfahrzeugen“.
Zwischen den Verfahrensbeteiligten ist unstreitig, dass der Markeninhaber aus
dieser Marke sowohl den Antragsteller als auch andere Mitbewerber, die den
Ausdruck „Lackdoktor“ für die von ihnen angebotenen Reparaturarbeiten für
Kraftfahrzeuge verwandt hatten, abgemahnt und mit Abmahnkosten von in der
Regel … € belastet hat. Weiter ist unstreitig, dass der Antragsteller diesen
Betrag an den Markeninhaber gezahlt hat.
Auf Antrag des Antragstellers hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patentund
Markenamts mit Beschluss vom 14. Dezember 2006 gem. § 50 Abs. 1 i. V. m.
§§ 3, 8 MarkenG die Löschung der angegriffenen Marke und die Rückzahlung der
Löschungsantragsgebühr angeordnet. Zur Begründung hat sie sinngemäß folgende
Ausführungen gemacht: Die angegriffene Marke habe bereits im Zeitpunkt
ihrer Eintragung ausschließlich aus solchen Angaben bestanden, die i. S. v. § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG als reine Sachangabe dienen können. In diesem Zusammenhang
sei es nicht ausschlaggebend, ob die betreffende Bezeichnung lexikalisch
nachweisbar sei oder im Verkehr bereits zur Beschreibung der betreffenden
Waren oder Dienstleistungen verwendet werde. Maßgeblich sei vielmehr, ob
der fragliche Begriff dazu geeignet sei, als Sachangabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG zu dienen. Diese Voraussetzung sei im Fall der angegriffenen Marke
bereits zum Zeitpunkt ihrer Eintragung erfüllt gewesen und bestehe auch zu dem
Zeitpunkt fort, zu dem der Löschungsbeschluss der Markenabteilung erging. Diese
rechtliche Beurteilung hat die Markenabteilung im weiteren Beschlusstext auf eine
Vielzahl von Tatsachenfeststellungen gestützt. U. a. hat die Markenabteilung
darauf hingewiesen, dass der Begriff „Doktor“ generell seit vielen Jahren im
übertragenen Sinne auch als Bezeichnung für einen erfahrenen guten Handwerker
gebraucht wird. Die Anordnung der Rückzahlung der Löschungsantragsgebühr an
den Antragsteller und jetzigen Beschwerdegegner hat die Markenabteilung damit
begründet, dass im Eintragungsverfahren für die angegriffenen Marke die
zuständige Markenstelle offenkundig versäumt habe, der gefestigten Amtspraxis
zu folgen und zu prüfen, ob einer Eintragung der Wortmarke „Lackdoktor“ das
absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstand. Bei
ordnungsgemäßer Prüfung dieses Schutzhindernisses wäre der Marke von
Anfang die Eintragung verwehrt worden und das spätere Löschungsverfahren
hätte sich erübrigt.
Diesen Beschluss hat der Markeninhaber und Antragsgegner mit der Beschwerde
angegriffen. Nachdem der Senat in der mündlichen Verhandlung vom
30. April 2008 erläutert hatte, aus welchen Gründen aus seiner Sicht nach der
damaligen Verfahrenslage der angegriffene Löschungsbeschluss der Markenabteilung
zutreffend und die Beschwerde unbegründet war, und nachdem der
Antragsteller und Beschwerdegegner auf die Vergleichsvorschläge des Markeninhabers
und Antragsgegners nicht eingegangen war, hat der Markeninhaber mit
Schriftsatz vom 30. Juni 2008 auf seine Marke verzichtet.
Am 29. Juli 2008 hat der Markeninhaber beim Deutschen Patent- und Markenamt
eine Wortbildmarke mit den Wortbestandteilen „Der Lackdoktor“ angemeldet.
Mit Schriftsatz vom 11. September 2008 hat der Antragsteller seinen ursprünglichen
Löschungsantrag dahin umgestellt, dass er mit Rücksicht auf die Löschung
der angegriffenen Marke wegen Verzichts für die Zukunft nunmehr nur noch die
Löschung der angegriffenen Marke für die Vergangenheit begehre.
In der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2008 hat der Markeninhaber
folgende Erklärungen zu Protokoll gegeben:
„Ich stelle den Antragsteller und Beschwerdegegner von allen
Ansprüchen aus der angegriffenen Marke für die Zeit vor deren
Löschung wegen Verzichts frei.
Klarstellend erkläre ich, dass ich unverändert dazu bereit bin, die
Abmahnungskosten des Antragstellers vollständig zu erstatten
einschließlich der gesetzlichen Zinsen seit dem Zeitpunkt der
Zahlung.“
Auch nach dieser Erklärung hat der Antragsteller und Beschwerdegegner seinen
Feststellungsantrag aufrechterhalten. Zur Begründung seines konkreten Rechts
schutzinteresses an dieser Feststellung hat der Antragsteller vorgetragen, er
befürchte, dass der Markeninhaber aus seiner inzwischen neu angemeldeten
Wort-Bild-Marke mit dem Wortbestandteilen „Der Lackdoktor“ – so diese Marke
eingetragen werden sollte – weiterhin gegen den Antragsteller und andere
Mitbewerber vorgehen werde, wenn diese den Ausdruck „Lackdoktor“ im
Zusammenhang mit den von ihnen angebotenen Lack- und Reparaturarbeiten für
Kraftfahrzeuge verwenden würden. Deswegen sei für ihn eine gerichtliche
Entscheidung darüber wichtig, dass das Wort „Lackdoktor“ im Zusammenhang mit
den hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen schutzunfähig i. S. v. § 8
Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG sei.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß
die Feststellung, dass die angegriffene Marke auch in der Vergangenheit,
das heißt, in der Zeit seit ihrer Eintragung bis zum Zeitpunkt
ihrer Löschung für die Zukunft wegen Verzichts schutzunfähig
und deswegen löschungsreif gewesen ist.
Der Markeninhaber und Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patentund
Markenamts vom 14. Dezember 2006 insoweit aufzuheben,
als darin auch die Löschung der angegriffenen Marke für die
Vergangenheit angeordnet worden ist, und den Feststellungsantrag
des Antragstellers mangels konkretem Rechtsschutzinteresses
als unzulässig zurückzuweisen.
Die zulässige Beschwerde des Markeninhabers und Beschwerdeführers ist – bei
der jetzigen Verfahrenslage – auch begründet, denn der Feststellungsantrag des
Antragstellers und Beschwerdegegners ist mangels eines konkreten Rechtsschutzinteresses
unzulässig und war (nur) aus diesem Grund zurückzuweisen.
Mit dem Verzicht des Markeninhabers auf seine Marke hat sich das Löschungsverfahren,
das Gegenstand des hiesigen Beschwerdeverfahrens ist, insoweit in
der Hauptsache erledigt, als der Löschungsantrag des Antragstellers (auch) auf
eine Löschung für die Zukunft gerichtet war.
Der Löschungsantrag nach §§ 50, 54 MarkenG ist jedoch auch auf eine Löschung
der angegriffenen Marke für die Vergangenheit gerichtet, das heißt für die Zeit seit
ihrer Eintragung. Insoweit hat der Antragsteller seinen Löschungsantrag ausdrücklich
aufrechterhalten. Über diesen Sachantrag kann der Senat jedoch aus verfahrensrechtlichen
Gründen nicht mehr entscheiden.
Das Löschungsverfahren wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 50 MarkenG
ist grundsätzlich als Popularverfahren angelegt. Das bedeutet, dass jedermann die
Löschung einer Marke nach dieser Vorschrift betreiben kann und es für die
Zulässigkeit des Löschungsantrages keines konkreten Rechtsschutzinteresses
des Antragstellers bedarf, § 54 Abs. 1 MarkenG. Der Antragsteller eines
Löschungsantrages nach §§ 50, 54 Abs. 1 MarkenG muss daher in keiner Weise
von der Existenz der angegriffenen Marke praktisch betroffen sein, um den
Löschungsantrag stellen zu können. Dieses Verfahrenslage ändert sich jedoch
grundsätzlich, wenn die angegriffenen Marke – wie hier – wegen Verzichts (nur) für
die Zukunft gelöscht wird. Denn mit der Löschung der angegriffenen Marke
– gleichgültig aus welchem Grund – erledigt sich das Allgemeininteresse an der
Beseitigung löschungsreifer Marken aus dem Register und das Löschungsverfahren
verliert seinen Charakter als Popularverfahren. Dass die Marke bei einer
Löschung wegen Verzichts gem. § 48 MarkenG nur für die Zukunft, nicht aber für
die Vergangenheit gelöscht wird, folglich für die Zeit seit ihrer Eintragung bis zum
Wirksamwerden des Verzichts bestehen bleibt, ändert nichts am Wegfall des Allgemeininteresses
an dem Löschungsverfahren. Denn eine einmal gelöschte
Marke kann die Rechtsstellung der Allgemeinheit nicht mehr berühren, weil die
gelöschte Marke aktuellen oder künftigen Anmeldungen nicht mehr im Wege des
Widerspruchs entgegengehalten werden kann und auch nicht mehr Grundlage
sein kann für aktuelle oder künftige Verletzungsansprüche. Im Falle eines Verzichts
kann die nur für die Zukunft gelöschte Marke zwar noch Grundlage für
Ansprüche aus Verletzungshandlungen in der Vergangenheit sein. Dabei kann es
sich jedoch nur noch um abgeschlossene, zahlenmäßig bestimmte Tatbestände
handeln, die folglich auch nur einen zahlenmäßig bestimmten Personenkreis
betreffen, nicht dagegen die zahlenmäßig unbestimmte Allgemeinheit.
Aus diesen Gründen ist nach ständiger Rechtsprechung die Fortführung eines
Löschungsverfahrens nach §§ 50, 54 MarkenG nach dem Verzicht auf die angegriffenen
Marke nur unter der Voraussetzung zulässig, dass an die Stelle des
allgemeinen Interesses an der Löschung ein konkretes, individuelles Rechtsschutzinteresse
des Löschungsantragstellers an einer Löschung der angegriffenen
Marke auch für die Vergangenheit getreten ist (vgl. Kirschneck in Ströbele/Hacker,
MarkenG, 8. Auflage, § 48 Rdnr. 9 mit weiteren Nachweisen).
An dieser Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt es hier. Zwar hat der Markeninhaber
den Antragsteller in der Vergangenheit aus der angegriffenen Marke abgemahnt
und für diese Abmahnung Kosten in Höhe von 1.600,- € geltend gemacht, die der
Antragsteller auch bezahlt hat. Der Antragsteller könnte daher ein schützenswertes
Interesse an der Erstattung dieser Kosten und damit an einer Vernichtung
der angegriffenen Marke auch für die Vergangenheit haben. Der Markeninhaber
hat jedoch in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2008 zu Protokoll des
Gerichts unbedingt und damit verbindlich seine Bereitschaft erklärt, den Antragsteller
von allen Ansprüchen aus der angegriffenen Marke aus der Zeit vor
deren Löschung wegen Verzichts freizustellen und dem Antragsteller die Abmahnkosten
zu erstatten und zwar einschließlich der gesetzlichen Zinsen seit dem Zeitpunkt,
zu dem der Antragsteller den Betrag von … € gezahlt hat. Diese
Erklärung ist eine selbständige Verpflichtungserklärung, die den Antragsgegner
gegenüber dem Antragsteller zur Zahlung der genannten Beträge (1.600,- €
zuzüglich Zinsen) verpflichtet und zwar unabhängig davon, ob der Antragsgegner
schon vor Abgabe dieser Erklärung zur Freistellung des Antragstellers oder zur
Erstattung der genannten Kosten verpflichtet gewesen wäre. Damit ist das von
dem Antragsteller unter diesem Gesichtspunkt geltend gemachte konkrete
Rechtsschutzinteresse befriedigt worden mit der Folge, dass es zu diesem Punkt
keiner gerichtlichen Entscheidung mehr bedarf.
Dagegen begründet das verständliche Interesse des Antragstellers, in diesem
Verfahren eine gerichtliche Entscheidung über die Schutzfähigkeit bzw. Schutzunfähigkeit
des Wortes „Lackdoktor“ zu erhalten, um eine solche Entscheidung
gegebenenfalls etwaigen künftigen Abmahnungen des Antragsgegners aus der
am 29. Juli 2008 angemeldeten Wort-Bild-Marke mit den Wortbestandteilen „Der
Lackdoktor“ entgegenhalten zu können – sofern diese Marke in das Register
eingetragen werden sollte – kein konkretes Rechtsschutzinteresse an einer Fortsetzung
des hiesigen Löschungsverfahrens. Denn Gegenstand eines Löschungsverfahrens
nach §§ 50, 54 MarkenG ist jeweils nur die mit dem Löschungsantrag
angegriffene Marke. Andere Marken können nicht zum Gegenstand eines solchen
Löschungsverfahrens gemacht werden, auch dann nicht, wenn sie in einem
wesentlichen Bestandteil – hier der Wortbestandteil „Lackdoktor“ – mit der angegriffenen
Marke übereinstimmen.
Der Senat ist daher aus verfahrensrechtlichen Gründen daran gehindert, über den
Sachantrag des Antragstellers auf Löschung der angegriffenen Wortmarke „Lackdoktor“
auch für die Vergangenheit zu entscheiden. Wäre eine solche Sachentscheidung
verfahrensrechtlich zulässig gewesen, hätte der Senat – wie bereits in
der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2008 im Einzelnen dargelegt – den
angegriffenen Löschungsbeschluss der Markenabteilung bestätigt und hätte die
Löschung der angegriffenen Marke auch für die Vergangenheit angeordnet.
Stoppel Schell Werner
Me

Quelle und Download :  Bundespatentgericht

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